Das „Zurich Project“ des Comet-Fotografen Heinz Baumann entstand Mitte der 1990er Jahre. Baumann war zu dieser Zeit bereits nicht mehr bei Comet und arbeitete für das Schweizer Fernsehen als Kameramann für die Sendungen „Tagesschau“ und „10 vor 10“. In der Freizeit streifte er mit der Fotokamera durch die Stadt. Er wollte das Projekt einem namhaften Verlag in Zürich anbieten, aber dort sagte man ihm, die Idee komme zehn Jahre zu spät.
Das „Zurich Project“ umfasst 2’578 Bilder und ist im Ansatz ein erweitertes Stadtinventar. Es geht zwar von der Architektur aus, schweift aber immer wieder ab in andere Bereiche und ist deshalb eher in der Kunst anzusiedeln als in der Wissenschaft. Baumann mag am Anfang des Projekts Regeln über die zu fotografierenden Sujets aufgestellt haben, bricht diese aber permanent und erweitert das Konzept. Er beginnt mit Türmchen aus der Periode des Historismus, Kirchtürmen, Toren und Türen, Statuen und Denkmälern, Strassenschildern und Wegweisern. Weil das viel zu langweilig wäre, braucht es ab und zu ein Augenzwinkern. So darf zum Beispiel ein Kirchturm auch einmal diagonal aufs Bild.
Regelbrüche
Plötzlich tauchen neben den leblosen Dingen Stadtbewohner wie Fussgänger*innen, Velofahrer*innen und Zootiere auf. Fotografierend kann man alles als Skulptur lesen und Baumann scheint zuweilen in eine Art Fieberzustand zu geraten. Er möchte alles was er sieht in das Inventar aufnehmen und versucht dennoch in der Flut der Eindrücke die Ordnung beizubehalten. So wechselt er in der Regel das Sujet am Ende eines Films.
Es hilft wohl, ab und zu einen neuen Film einzulegen, und sich vorzunehmen, für diesen nächsten Film wirklich nur ein Sujet zu erlauben: nur Velofahrer*innen, klick, klick, klick, klick; nur Vögel, klick, klick, klick; uups, da gibt es eine interessante Situation auf dem Gehsteig und schon ist man wieder abgeschweift…
Vergänglichkeit
Viele der Sujets, wie zum Beispiel das obige Werk von Harald Naegeli, existieren heute nicht mehr. Das durchgehende Thema in der Serie ist die Vergänglichkeit. Unsere Heimat verschwindet und dieser Verlust wirft Fragen nach unserer Identität auf. Dieselben Fragen haben auch Zeitgenossen und Freunde von Baumann umgetrieben, so etwa den Poeten und Musiker Peter Justitz, über den wir auf ETHeritage noch berichten werden.
Das „Zurich Project“ von Heinz Baumann ist nicht nur ein visuell ansprechendes Zeitdokument, es bietet auch Raum für Reflexion und einiges an Material für unsere Leser/-innen, die gerne Rätsel lösen.
Der Beitrag erscheint auch unter dem Titel Ein poetisches Stadtinventar: Das „Zurich Project“ von Heinz Baumann auf ETHeritage.
Quelle
Der Text beruht auf einem Gespräch mit Jason Baumann am 20.4.2021.
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Vollständige Bildinformationen
Baumann, Heinz: The Zurich Project, ca. 1995. Reportage mit 2’578 Bildern (Auswahl digitalisiert, keine zusätzlichen Motive vorhanden) (Com_Ex-BA01-0402-0066-0011, http://doi.org/10.3932/ethz-a-001287244)
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