Chapeau Koni Kreis! Ich fand es geradezu kühn, wie er das kleine Stück Aussenwelt, welches im Bild Com_L14-0271-0003-0003 sichtbar war, stilsicher als die Fassade des Kunsthauses identifizierte. Wie Koni Kreis vorging, wie sich ein Teil zum andern fügte und er bei der Central English Library landete, wissen wir dank seinen Kommentaren zum Blogpost Erste Hinweise zu Smoking is prohibited vom 12. März 2021.
Wenn Recherche-Arbeit winkt
Meine Person, immer besonders motiviert, wenn eine Sache nicht so klar ist und Recherche-Arbeit winkt, ging einen anderen Weg. Das Ergebnis ist dasselbe: Central English Library. Das ging so:
Lange schien es mir plausibel, dass es sich bei der “Smoking is prohibited”-Bibliothek um die Bibliothek des Englischen Seminars handelt. Ich suchte mit verschiedenen Begriffen wie “seminar”, “englisch”, “bibliothek,” etc. die Zeitungsarchive https://www.e-newspaperarchives.ch/ und das NZZ Archiv https://zeitungsarchiv.nzz.ch/ ab. In Die Tat vom 13. Mai 1971 gab es den Artikel “Englisches Seminar der Universität in neuen Räumen”. Das Seminar sei neu in der Villa Wehrli an der Plattenstrasse untergebracht. Leider wurde im Artikel nicht ausgeführt wo sich das Englische Seminar vor dem Umzug befand. Erst im Buch “Es begann mit Scott und Shakespeare – Eine Geschichte der Anglistik an der Universität Zürich” von Andreas Fischer (ISBN 9783034013260), in einer Fussnote fand ich die Antwort. Ab 1954 befand sich das Englische Seminar in den drei Räumen KOL G 202, KOL E 15 und KO2 D 51-54 im Untergeschoss des Hauptgebäudes der Universität Zürich. In einem Untergeschoss gab es sicher keine Aussicht, wie wir sie z.B. im Bild Com_L14-0271-0003-0003 sehen. Somit war das Englische Seminar als Lösung “gestorben”.
In Zeitungsarchiven nach “english”, “club”, “book”, “library” gesucht
Ich hatte dann die Idee, dass es sich um eine Bibliothek eines Englischen Clubs, Vereins, Vereinigung von Ausland-Briten oder etwas ähnliches handeln könnte. Auch einige Bücher, die ich in den Bildern identifizieren konnte, trugen ja alle einen englischen Titel: All the King’s Men von Robert Penn Warren, The Holy Terror von H. G. Wells oder Our Glad von Joyce Warren. Das bestärkte mich auf diesem Weg. Ich suchte wieder die Zeitungsarchive ab, diesmal mit Begriffen in englischer Schreibweise, also “english”, “club”, “book”, “library”, etc. und in unterschiedlichen Kombinationen. Auch verschiedene Zeitfenster habe ich ausprobiert. Das erste Mal fündig wurde ich in der NZZ vom 24.12.1970, Morgenausgabe: Ich las von einer Ausstellung in der Central English Library an der Rämistrasse 34. Das passte zu meinem Wissensstand von Freitag 12. März 2021, als ich im Blogpost von der Vermutung von Koni Kreis las, dass sich die gesuchte Bibliothek in der Nachbarschaft des Schauspielhauses am Pfauen befinden könnte. Ich habe übrigens am besagten Freitag das Bild Com_L14-0271-0003-0003 und mit Street View die Fassade des Kunsthauses genau betrachtet und bin zum Schluss gekommen, dass die Vermutung tatsächlich zutreffen könnte.
Nach dem ersten Treffer habe ich meine Suche eingeengt und in den Zeitungsarchiven nach “central”, “english” und “library” in unterschiedlichen Konstellationen gesucht. So bin ich auf den Artikel in der NZZ vom 31. Mai 1960, Abendausgabe gestossen, in welchem über die Eröffnung der Central English Library berichtet wurde. Einen weiteren Treffer gab es in der NZZ vom 31. Mai 1965. Dort erschien ein Artikel mit folgendem Titel: “Pestalozzianum und Central English Library”. Das war der Volltreffer! Das Bild der Central English Library in der Zeitung stimmte wunderbar mit dem Bild Com_L14-0271-0003-0002 überein, einfach der Blickwinkel war leicht anders.
Die Bibliotheken unserer Stadt – Artikelreihe der NZZ
Beim NZZ Artikel stand in einer kleinen Überschrift beim Titel: “Die Bibliotheken unserer Stadt”. Dieser Zusatz liess mich vermuten, dass es sich um eine ganze Serie von Artikeln handeln könnte. So war es tatsächlich. Die folgenden Artikel sind in der NZZ erschienen:
- 04.05.1965: Die Zentralbibliothek
- 11.05.1965: Hauptbibliothek der Eidgenössischen Technischen Hochschule
- 15.05.1965: Das Schweizerische Sozialarchiv
- 18.05.1965: Museumsgesellschaft, Zürcher Lesesaal und Bibliothek
- 27.05.1965: Die Pestalozzigesellschaft
- 31.05.1965: Pestalozzianum und Central English Library
- 09.06.1965: Schweizerische Blinden-Leihbibliothek und andere Büchereien
Da die verschiedenen Artikel in der NZZ immer bebildert waren, konnte ich noch weitere Bibliotheken-Rätsel der ETH Bildserie Com_L14-0271 lösen, nicht nur das “Smoking is prohibited”-Rätsel. Als schöner Nebeneffekt konnte auch gleich noch eine andere Bildserie Com_L27-0256-0001 exakt verortet werden. Ermöglicht hat dies das Bild Com_L14-0271-0002-0006 aus der “Smoking is prohibited” Bildserie. Eine Glasvitrine im Hintergrund, mit einer Statue mit Pferd und Reiter sowie ein gewölbter Durchgang mit Elektroinstallation fand ich im Bild Com_L27-0256-0001-0003 wieder. Zusätzlich konnte bei einigen Bildern noch Querverweise zu anderen Bildserien über Bibliotheken angefügt werden.
Ergänzende Feststellungen
Einige der Bilder in den Zeitungsartikeln stimmen exakt mit den Bildern im ETH Bildarchiv überein. Das bedeutet wahrscheinlich, dass die Bildserie im Auftrag der NZZ erstellt worden ist. Die Comet-Reportage besteht aus 94 Bildern, davon wurden 19 für das Bildarchiv digitalisiert. Unter den restlichen Originalbildern würde man wahrscheinlich weitere Bibliotheken finden, die in den NZZ Artikeln behandelt wurden, also die Zentralbibliothek, das Schweizerische Sozialarchiv und die Museumsgesellschaft.
Am Ende des NZZ Artikels vom 09.06.1965 wird der Katalog “Archive, Bibliotheken und Dokumentationsstellen der Schweiz” (Sekretariat der schweizerischen Vereinigung für Dokumentation, Bern 1958) erwähnt. Gemäss diesem Katalog gab es damals allein in der Stadt Zürich 120 Büchersammlungen, in der ganzen Schweiz 460.
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Vollständige Bildinformationen
Gerber, Hans: Zürich-Hottingen, Rämistrasse 34 (Pfauen), Central English Library, gefördert durch den British Council, 1/1965-4/1965 (Bibliotheken der Stadt Zürich, 1965. Reportage mit 94 Bildern (Auswahl digitalisiert, keine zusätzlichen Motive vorhanden) (Com_L14-0271-0003-0002, http://doi.org/10.3932/ethz-a-000900824)
Grossartig, wie nun alle Infos zueinander passen und sogar die Herkunft der Bilder klar wird! Ich finde es hochinteressant und lehrreich, welches der Weg von Camille Bamerts Recherche war. Er hat da aus dem Vollen geschöpft. Gerne hätte ich selbst auch in der NZZ herumgesucht, aber dazu braucht man meines Wissens ein gültiges NZZ-Abo.