Seit Wochen beherrscht die Bergsturzgefahr in Brienz/Brinzauls die Bündner und auch die Schweizer Medienlandschaft. Als freiwilliger Mitarbeiter des Bildarchivs der ETH Bibliothek musste ich einfach nachschauen, was wir zu diesem Thema zu bieten haben.
Eine einfache Abfrage im Schlagwortkatalog ergab mehr als 250 Treffer. Viele der Bilder zeigen das Bergsturzgebiet, es gibt aber auch eine ganze Anzahl, die nicht direkt mit der Geologie in Verbindung stehen und die Naturschönheiten und das Dorf zeigen.
Dieses Bild von Leo Wehrli ist das älteste Dokument, das im Moment im Onlinebestand zur Verfügung steht. Die Photographie wurde im Sommer 1903 gemacht. Sie zeigt hinter der Kirche die Felssackung “Igl Rutsch”. Diese Wunde in der Landschaft entstand 1878 und war zum Aufnahmezeitpunkt schon 25 Jahre alt aber immer noch sehr aktiv. Auch heute bewegt sich diese Masse noch mit ca. 100mm/Jahr talwärts. Was auffällt ist, dass das Rutschgebiet (links vom “Igl Rutsch”), das heute zu reden gibt, vor 120 Jahren noch stark bewaldet war, was sicher auf eine gewisse Stabilität schliessen lässt.
Auch in diesem Luftbild, das im Oktober 1954 aufgenommen wurde, ist das aktuelle Rutschgebiet (oben rechts) noch stark bewaldet, und über dem Dorf sind nur ein paar grössere Blöcke zu sehen, die es bis auf die Wiesen geschafft haben. Alles scheint noch normal.
Dieses Luftbild vom September 1977 zeigt das Verschwinden des Waldes im Rutschgebiet (links) besonders schön. Die Aufnahme stammt aus unserem Wild Heerbrugg Bestand, der die Schweiz in gestochen scharfen Luftbildern zeigt.
In diesem Luftbild, das im Juli 1991 entstand, hat sich die Bewaldung schon auf wenige Streifen zurückgebildet. Trotzdem sind in den Weiden unterhalb des Rutschgebietes noch kaum Blöcke zu erkennen, ein Umstand, der heute definitv nicht mehr zutrifft. In den letzten zehn Jahren haben es mehrere Blöcke bis zur oder sogar über die Strasse nach Lantsch/Lenz (vom Dorf nach links oben) geschafft.
Das Panorama habe ich aus drei Bildern zusammengeschnitten, die im September 2005 aufgenommen wurden. Wie man sieht ist die Entwaldung im neuen Rutschgebiet inzwischen fast vollständig. Im Gegensatz dazu ist der alte “Igl Rutsch” unterdessen wieder bewaldet und nicht mehr so leicht als Felssackung zu erkennen.
Mit einer umfassenden Bildserie aus dem September 2009, zu der auch obiges Panorama gehört, endet diese Geschichte aus der Sicht unseres Bildarchivs. Ich bin sicher, dass Bilder über die Geschehnisse im Jahr 2023 in ein paar Jahren auch im Archiv ankommen werden.
Für Brienz/Brinzauls und die Menschen, die dort leben, geht die Geschichte hoffentlich noch lange weiter.
Quelle für alle Angaben zur Geschichte und Geologie:
Ist das Dorf Brienz-Brinzauls Bergsturz gefährdet?
Krähenbühl, Ruedi / Nänni, Christoph
Swiss bulletin für angewandte Geologie = Swiss bulletin pour la
géologie appliquée = Swiss bulletin per la geologia applicata =
Swiss bulletin for applied geology.
Es gibt noch eine weitere Schrägaufnahme aus dem Wild-Bestand vom 15.10.1984 http://doi.org/10.3932/ethz-a-001038820
Und so sieht das vorläufige Resultat aus:
https://assets.orf.at/mims/2023/24/58/crops/w=1280,q=70,r=1/1830705_bigpicture_683358_felssturz_brienz_buergermeister_body_a.jpg?s=42e484fa93d07c2b198d7571819eaac88764c291
Als nicht kompetenter Unterländer meine ich: Das vorläufige Resultat, die neue Schutthalde, sieht perfekt platziert aus. Da muss man auch nicht mehr viel putzen und wischen. Da kann man sagen: Glück gehabt trotz dem Ungemach. Hoffen wir, es bleibt nun so.