Wer sind die Frauen auf Einsteins berühmtem Gruppenporträt?

Lesezeit: 6 Min.

Wer sind die Frauen auf diesem berühmten Einstein-Gruppenporträt? Wer ist der/die Fotograf:in? Kürzlich erhielten wir einen äusserst spannenden Forschungsbericht mit neuesten Forschungsmethoden von zwei niederländischen Forschern. Sie nutzten einen interessanten Methodenmix aus Open Source Intelligence, KI-Tools, Netzwerkanalyse und Fotovergleichen. Herausgekommen ist ein 40(!)-seitiger Forschungsbericht in englischer Sprache mit dem Titel “Who’s that lady? – Applying open source intelligence in a historical context” (PDF). Vielleicht inspiriert dies den einen oder die andere aus unserer Crowd?

Die Kurzfassung der Forschungsergebnisse finden sich im Kommentar der Autoren, mittels ChatGPT haben wir eine Zusammenfassung des Forschungsberichts in Deutsch erstellen lassen.

Kommentar

Research by Dr. Jacques Dane (Curator and head of research at the Dutch educational Museum) and Prof. Dr. Chris Verhoef (professor of computer science at VU Amsterdam and forensic investigator) has shown that this photograph is part of a collection of at least four.

Three are variants of this one and the fourth does not contain Einstein but contains Paul Ehrenfest’s wife Tatyana and Paul’s long-time friend and high-school-classmate Johann Jacob (Hans) Kern.

The photoshoot is of a tea party to celebrate Paul Ehrenfest’s visit to Albert Einstein, Johann Jacob Kern, the ladies from Leiden plus the other colloquium members. The visit also served the purpose of a long planned nose operation for Tatyana. During Ehrenfest’s visit the most lively discussions at Einstein’s colloquium took place. All people on these photographs were very close, and formed a huge sounding board for Einstein who was in the process of truly understanding his groundbreaking theories. For instance balloonist Auguste Piccard later aided in proving Einstein’s theory by measuring cosmic rays at high altitude. The three Dutch ladies were cracks in astrophysics and capable of making precise astronomical calculations, also necessary to prove Einstein’s theories. The third woman was misidentified for many decades as Mrs Grigorieff (the first Russian woman with a PhD in chemistry), but it was not her, instead it was Rebekka Aleida (Betty) Biegel who later became a famous psychologist.

But we know that the photograph is taken by either Tatyana Ehrenfest or by Johann Jacob Kern. They were both present in the room, as another photograph testified of. We think it must have been Tatyana Ehrenfest (as her husband Paul wrote down in his notebook that there would be photos on june 30, 1913 around 4:30 pm. It is most likely his photo camera but we cannot be sure whether it was Tatyana or Johann Jacob. But chances are 100% that they were people in the room that were not on the photograph and as Tatyana Ehrenfest and Johann Jacob Kern were in the room (namely on another photograph of the same tea party) it must be one of them. so our proposal is this Fotograf: Tatyana Ehrenfest or Johann Jacob Kern.

Zusammenfassung des Forschungsberichts durch ChatGPT

Einleitung

Der Aufsatz untersucht die Identifikation dreier Frauen auf einem historischen Gruppenfoto, das 1913 in einem Chemielabor der ETH Zürich aufgenommen wurde. Die Aufnahme, die unter anderem Albert Einstein zeigt, war bereits mehrfach Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen. Frühere Versuche, die Identität der Frauen zu klären, führten zu widersprüchlichen Ergebnissen. Die Autoren setzen moderne Methoden ein, um endgültige Klarheit zu schaffen.

Kapitel 1: Historischer Kontext des Fotos

Die Autoren skizzieren zunächst den wissenschaftlichen Hintergrund der Aufnahme. Das Foto entstand in einem Labor von Pierre Weiss an der ETH Zürich während einer informellen Zusammenkunft, möglicherweise eines Tees im Laborumfeld. Der Zeitpunkt ist besonders bedeutsam, da er kurz vor Einsteins bahnbrechender Veröffentlichung zur Allgemeinen Relativitätstheorie liegt. Frühere Identifikationen basierten auf Archivvermerken und Spekulationen, wurden jedoch nicht zweifelsfrei bestätigt.

Kapitel 2: Methodik der Untersuchung

Die Autoren erläutern ihre Methodik, die sich auf folgende Elemente stützt:

  • Open Source Intelligence (OSINT): OSINT ist eine Methode zur gezielten Sammlung, Analyse und Verknüpfung öffentlich zugänglicher Informationen. Dabei kommen digitale Werkzeuge, spezialisierte Suchtechniken und Datenbanken zum Einsatz. Die Autoren nutzten OSINT, um historische Online-Archive, universitäre Datenbanken und Zeitungsarchive systematisch zu durchsuchen. Sie verwendeten spezialisierte Algorithmen, um relevante Dokumente aufzuspüren, darunter Studentendatenbanken, wissenschaftliche Korrespondenz und Teilnehmerlisten.
  • OSINT-Anwendung durch die Autoren: Die Forscher kombinierten mehrere OSINT-Techniken:
    • Keyword-Suche mit booleschen Operatoren: Durch gezielte Suchabfragen mit UND/ODER-Operatoren filterten sie relevante Informationen in Archiven und Online-Ressourcen.
    • Metadatenanalyse: Sie untersuchten digitale Metadaten von historischen Fotografien, um Aufnahmedaten und mögliche Zusammenhänge mit anderen Bildern zu identifizieren.
    • Webscraping und Data Mining: Automatisierte Verfahren halfen, große Mengen von Digitalarchiven effizient zu durchsuchen.
    • Nutzung von Schattenbibliotheken im Dark Web: Die Forscher griffen auf schwer zugängliche digitale Archive zu, um vergriffene wissenschaftliche Arbeiten zu finden, die Hinweise auf die Präsenz bestimmter Wissenschaftlerinnen in Zürich 1913 lieferten.
    • Bildvergleich und Geolokalisierung: Durch visuelle OSINT-Analyse konnten Merkmale des Gruppenfotos mit anderen historischen Bildern abgeglichen und bestimmte Orte und Personen bestätigt werden.
    • Cross-Referenzierung von Namen und historischen Daten: Die Kombination von Informationen aus verschiedenen Quellen half, Netzwerke zwischen den auf dem Foto abgebildeten Personen nachzuverfolgen.
  • Künstliche Intelligenz (KI) und Gesichtserkennung: Zur Identifikation der abgebildeten Personen kamen fortgeschrittene Gesichtserkennungsalgorithmen zum Einsatz. Historische Porträts aus Universitäts- und Stadtarchiven wurden mit den Personen im Gruppenfoto abgeglichen.
  • Historische Netzwerkanalyse: Die sozialen und akademischen Beziehungen zwischen den auf dem Foto abgebildeten Personen wurden rekonstruiert. Dabei wurden Teilnehmerlisten aus Einsteins Kolloquium, Universitätsdokumente und persönliche Korrespondenzen berücksichtigt.
  • Vergleich mit anderen Fotografien: Weitere Bilder, die zur gleichen Zeit und am gleichen Ort aufgenommen wurden, wurden gesichtet und mit dem Hauptbild abgeglichen, um Muster und Übereinstimmungen festzustellen.

Kapitel 3 : Identifikation der Frauen

Die Identifikation der drei Frauen basierte auf einer detaillierten Analyse verschiedener Quellen und Indizienketten:

1. Eva Dina Bruins

  • Die Autoren fanden eine signierte Postkarte von Mitgliedern von Einsteins Kolloquium aus dem Jahr 1913, auf der Bruins’ Name auftauchte.
  • Ein Vergleich mit einer anderen Gruppenaufnahme, die Bruins in einem akademischen Umfeld in Leiden zeigt, bestätigte ihre Identität durch Gesichtserkennungssoftware.
  • Ihre akademische Zugehörigkeit zur ETH Zürich und ihre Teilnahme an wissenschaftlichen Diskussionen mit Einstein bestärkten die Identifikation.

2. Catherina Amelia Frankamp

  • Eine vergleichbare Postkarte, signiert von Teilnehmenden des Kolloquiums, enthielt auch Frankamps Namen.
  • Archivmaterial belegte ihre Anwesenheit in Zürich im fraglichen Zeitraum.
  • Ein Vergleich mit anderen Bildern aus dem Archiv von Otto Stern bestätigte Ähnlichkeiten mit der Frau im Gruppenfoto.
  • Die Positionierung auf dem Foto – zwischen Ehrenfest und Bruins – deutete auf eine enge Verbindung innerhalb des wissenschaftlichen Kreises hin.

3. Rebekka Aleida Biegel

  • Die dritte Frau wurde durch Ausschlussverfahren und eine Netzwerkrekonstruktion identifiziert.
  • Biegel war eine niederländische Astronomin, die an der Universität Zürich promovierte und sich mit der Gruppe um Einstein austauschte.
  • Die Forschenden nutzten historische Adressbücher und Korrespondenz, um ihre Präsenz in Zürich nachzuweisen.
  • Durch eine KI-gestützte Gesichtsanalyse wurden Ähnlichkeiten zwischen ihr und einer jüngeren Aufnahme aus einem niederländischen Universitätsarchiv festgestellt.

Kapitel 4: Bestimmung des Aufnahmezeitpunkts

Die Autoren konnten durch die Analyse von Begleitmaterial, darunter Briefe und Tagebucheinträge, den genauen Zeitpunkt der Aufnahme bestimmen: den 30. Juni 1913 um 16:30 Uhr. Diese exakte Datierung basiert auf einer Kombination aus Archivdokumenten und Wetterdaten aus Zürich zur betreffenden Zeit.

Kapitel 5: Eingrenzung der Fotografen

Durch eine detaillierte Kausalkette und den Abgleich mit ähnlichen Bildern konnten die Autoren den Kreis möglicher Fotografen auf zwei Personen reduzieren:

  • Otto Stern – Der Physiker ist in mehreren Fotos aus derselben Serie präsent und war möglicherweise der Fotograf.
  • Ein Mitglied des Pierre Weiss Teams – Aufgrund der Laborumgebung und der Anordnung der Objekte erscheint es möglich, dass jemand aus Weiss’ Umfeld das Bild aufgenommen hat.
  • The other photographs could have been taken by Tatyana and/or Johann Kern as they lacked on the other three photographs, but were in the room. [Aus dem Originaltext, ergänzt durch Nicole Graf]

Kapitel 6: Bedeutung der Entdeckung

Die Identifikation der Frauen trägt nicht nur zur Wissenschaftsgeschichte bei, sondern zeigt auch die oft übersehene Rolle von Frauen in der Physik des frühen 20. Jahrhunderts. Die Studie bietet zudem ein Beispiel dafür, wie moderne Technologien historische Forschungsfragen lösen können.

Fazit

Die innovative Kombination von OSINT, KI-gestützter Gesichtsanalyse, historischer Netzwerkanalyse und digitaler Archivforschung ermöglichte es, nach über einem Jahrhundert die Identität dreier Wissenschaftlerinnen auf einem ikonischen Foto zu entschlüsseln. Gleichzeitig konnte der Kreis der möglichen Fotografen eingegrenzt werden. Diese Arbeit zeigt, wie moderne Methoden zur Lösung historischer Rätsel beitragen können.

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Vollständige Bildinformationen

Tatyana Ehrenfest oder Johann Jacob Kern: Einstein, Albert, Tee in Pierre Weiss’s Labor an der ETH, 30.06.1913. Vorne links nach rechts: Karl Ferdinand Herzfeld, Otto Stern, Albert Einstein, Auguste Piccard, René Fortrat (Assistent), Rebekka Aleida (Betty) Biegel, hinten von links nach rechts: Catherina (Emy) Amelia Frankamp, Paul Ehrenfest, Eva Dina Bruins, Gabriel Foëx (Assistent), Frithiof (Fred) Wolfers (Assistent) (Portr_10750-A, http://doi.org/10.3932/ethz-a-000091072)

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DOI Link: https://doi.org/10.35016/ethz-cs-31175-en

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2 Comments

  1. Camille Bamert
    Monday, 17 February 2025
    Reply

    Den Assetinformationen zum Bild Portr_10750-A entnehme ich folgende Angaben:
    – Fotografin: Ehrenfest, Tatiana (1905-1984)
    – Datierung: 30.06.1913

    Schlussfolgerung: Die Fotografin war zum Zeitpunkt der Aufnahme 8 Jahre alt, was sie als mögliche Fotografin ausschliesst. Wahrscheinlich geht es um folgende Person: Tatjana Ehrenfest-Afanassjewa (1876-1964), https://de.wikipedia.org/wiki/Tatjana_Ehrenfest-Afanassjewa

    • Nicole Graf
      Monday, 17 February 2025
      Reply

      Oups! Merci, ist korrigiert.

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