Treffen der Crowd-Aktivisten an der ETH Zürich

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Am vergangenen Dienstagabend war es nun endlich soweit! Auf unsere Einladung zu Vortrag und Apéro sind über 100 Personen ins Hauptgebäude der ETH Zürich gekommen.

Ab 17 Uhr begann sich der Hörsaal mit der Crowd langsam zu füllen. Die ersten Kontakte wurden geknüpft. Die Freiwilligen tauschten sich rege aus und fachsimpelten untereinander. Kurz vor 17.30h wurde es ganz ruhig, die Spannung stieg! Um 17.30h ging die Veranstaltung dann offiziell los mit meinem Vortrag, den ich hier nun zusammenfasse.

Unser 2016 ist ganz anders verlaufen als geplant!

Am 18. Januar berichtete Adi Kälin in der NZZ von unserem Projekt, dies wiederum löste ein Medienecho mit Bericht in der Tagesschau am selben Abend aus, aber viel wichtiger, unsere Mailbox füllte sich mit Mails und Mails und Mails. Kurz und gut: Mit so viel Engagement hätten wir nie gerechnet! Und deshalb bedanken wir uns bei Ihnen mit diesem Apéro für Ihren unermüdlichen und engagierten Einsatz!

Die Statistik ist ja sehr eindrücklich (Stand 1. November):

  • 8’087 eingegangene Hinweise
  • 5’751 verbesserte Bilder
  • 661 Freiwillige (90 % Männer)

Interessant nebst dem Gender-Gap – wo sind die Frauen? – ist aber vor allem auch die Tatsache, dass es einen harten Kern gibt. Das ist unsere Top Ten. Die Top Ten, im Moment 11 Personen, arbeitet kontinuierlich und hat 56% aller Hinweise geschickt! Das sind per 1. November 4’581 Hinweise! Unsere Crowd ist vielseitig interessiert, und so gibt es auch Spezialisten und Spezialistinnen etwa für Berge, Dampfschiffe, Industriebauten, Kraftwerke, Eisenbahnen oder einfach mit lokalem Wissen.

Was machen wir mit Ihren E-Mails?

Zunächst die zentrale Botschaft: Wir bekommen sehr gute Informationen von Ihnen! Weiter so! Wir bekommen keine beleidigenden Mails, wir bekommen keine Kommentare wie „Das ist aber ein schönes Bild“. Nein, alle Hinweise sind fundiert. Meist liefern Sie gar Beweise mit.

Wir checken dann Ihre Angaben auf Plausibilität. Mehr können wir nicht machen. Das an sich ist auch kein Problem, denn sollte jemand mal „daneben“ liegen, wird es nicht lange gehen, bis ein anderer Freiwilliger die Information korrigiert. Ihre Informationen füllen wir dann in unsere sogenannten Metadaten-Felder ab: in das Titelfeld oder die Beschreibung. Manchmal können wir auch Datierungen verbessern. Oft passen wir die Sach-Schlagwörter an. Und schliesslich wird jedes identifizierte resp. verbesserte Bild aus der Kategorie „Wissen Sie mehr?“ in die Kategorie „Sie wussten mehr! Danke!“ verschoben. Ihren Originalkommentar bereinigen wir noch von allfälligen Schreibfehlern und kopieren ihn dann tel quel in das Kommentarfeld. Sie sehen, dahinter steckt ganz viel Handarbeit!

Das Kommentarfeld ist übrigens volltextdurchsuchbar auf ETH E-Pics BildarchivOnline. Dies haben wir auf Wunsch von Ihnen so neu eingerichtet. Dazu ist im Allgemeinen zu sagen, dass uns immer wieder tolle Anregungen von Ihnen erreichen! Vor dem NZZ-Artikel gab es nämlich noch keinen Workflow, kein verfeinertes Kategoriensystem, keine automatische Antwortmail usw. Dies haben wir in den Wochen nach dem NZZ-Artikel nach und nach, eben auch unter anderem dank wertvoller Hinweise von Ihnen, aufgebaut.

Ganz viel Handarbeit! Wir können noch besser werden!

Eine kleiner Verbesserungsvorschlag mit grosser Wirkung: Eine andere Strukturierung Ihrer E-Mails erleichtert uns die Arbeit. Bisher sahen die meisten folgendermassen aus: Dies ist das Fraumünster in Zürich, beste Grüsse, H. Muster

Bitte schreiben Sie Ihre E-Mails neu folgendermassen: Hans Muster: Fraumünster in Zürich.

(NB: Der Aufruf blieb nicht ohne Folgen. Die ersten Mails nach diesem Muster gingen bereits am selben Abend um 21 Uhr 11 ein!)

Crowd-ETH-Bib-4

Deborah Kyburz: Die Crowd im Hörsaal D 7.1 im Hauptgebäude der ETH-Bibliothek, vorne Nicole Graf am Referieren, 15.11.2016 (KOM_000465, http://doi.org/ 10.3932/ethz-a-000986551)

Unser Tagesdienst: Ø 3 Stunden/Tag

Nebst der Anpassung und Verbesserung unserer interner Workflows und Felder in der Datenbank, bauten wir auch einen Tagesdienst auf. Vier der sechs Mitarbeitenden im Bildarchiv sind jeweils für einen Tag zuständig: Montag und Dienstag ist dies Julia Fink, Mittwoch ist mein Tag, Donnerstag übernimmt Heike Hartmann und am Freitag kümmert sich Roland Lüthi um die E-Mails. Barbara Giezendanner hilft im Hintergrund bei Fragen zu Digitalisaten, bspw. wenn Bilder spiegelverkehrt in der Datenbank drin sind. Marie-Rose Bröchin, die sechste im Team, ist unsere Spezialistin für Postkarten und alte Ansichten. Sie bereitet im übrigen gerade ein interessantes Konvolut von über 3’000 historischen Eisenbahn-Bildern aus der ganzen Welt vor. Diese werden kontinuierlich online gestellt, viele sind ohne Titel.

Durchschnittlich werden 3 Stunden pro Tag für die Bearbeitung der E-Mails aufgewandt. In der Regel werden die Mails am selben Tag bzw. am Tag darauf verarbeitet. Einen weiteren Tag braucht es dann, bis die neuen Daten auf der Bilddatenbank auch online sind.

Es liegen noch etliche Personenjahre vor uns

Hier ein statistisches Gedankenexperiment (mit Augenzwinkern) zu den geleisteten Arbeiten: Unter der grob geschätzten Annahme, dass pro verbessertem Bild 0,4 Stunden aufgewendet werden, ergibt dies für die ersten 5’751 Bilder ein Aufwand von 2’300 Stunden. Das ist etwas mehr als ein Personenjahr. Hochgerechnet auf die verbleibenden 354’249 Bilder in der Bilddatenbank ergibt dies 141’700 Stunden oder 70,85 Personenjahre, die noch vor uns liegen ;-)!

Wir wiederum haben bis 1. November 2016 615 Arbeitsstunden für die Verarbeitung der Mails gebraucht. Das heisst, wir benötigen durchschnittlich 4,5 Minuten für Plausibilitätscheck und die Anpassung der Metadaten.

Nächste Schritte

Geplant ist eine Online-Umfrage im Dezember/Januar zu Ihrer Motivation und ihrem soziodemografischen Hintergrund. Da wir auch ein bisschen eine Pionierstellung mit unserer gemeinsamen Arbeit einnehmen-, damit will ich aber nicht sagen, dass wir die einzigen sind, die Crowdsourcing betreiben, bei weitem nicht! – wird auf vielen Fachkongressen nach Informationen zum Crowdsourcing gefragt. Für mich als Soziologin auch eine schöne Gelegenheit, mehr über Sie, Ihre Arbeitsweisen, Ihre Mediennutzung u. ä. zu erfahren und vielleicht auch herauszufinden, was es denn nun mit dem Gender-Gap auf sich hat :-).

Video-Mini-Serie zum Crowdsourcing

Die ETH-Bibliothek wird ab nächstem Jahr eigene Videos zu ausgewählten Themen produzieren, da darf das Thema Crowdsourcing natürlich nicht fehlen. Die ganze Veranstaltung wurde auch auf Video aufgezeichnet. Wir werden das Video hier veröffentlichen, sobald eine gekürzte Version zusammengeschnitten ist. Der Video wird eine von acht Episoden der Mini-Serie zum Crowdsourcing sein.

Crowd-ETH-Bib-3

Deborah Kyburz: Die letzten Vorbereitungen werden getroffen, Videoaufnahmen des ganzen Events, 15.11.2016 KOM_000466, http://doi.org/10.3932/ethz-a-000986549)

Im Hintergrund wurde während des ganzen Nachmittags im Lesesaal Sammlungen und Archive der ETH-Bibliothek gefilmt. Mit sechs Freiwilligen wurden sechs Episoden abgedreht. In den Videos erklären die Crowd-Aktivisten, wie sie bei der Arbeit mit den Bildern vorgehen.

Crowd-ETH-Bib-2

Nicole Graf: Sigi Heggli erklärt, wie er die Informationen zum Bild mit den vier Poly-Studenten präzisieren konnte, 15.11.2016 (KOM_000464, http://doi.org/10.3932/ethz-a-000986548)

Preisverleihung

Zum Schluss des Vortrags gab es eine „Preisverleihung“. Die Top Ten durften sich je einen Band aus unserer Bilderbuch-Serie auswählen. Anschliessend wurde für ein Gruppenfoto posiert. Es waren übrigens neun der 11 Topzehner am Anlass anwesend:

TOP-9_Crowdsourcing

Maximiliane Okonnek: Gruppenfoto der Top Ten mit Nicole Graf, 15.11.2016 (KOM_000469, http://doi.org/10.3932/ethz-a-000986554)

Apéro und viel Gesprächsstoff

Nach dem halbstündigen Vortrag ging es zum Apéro. Die vielseitig interessierte Crowd kam wie bereits im Hörsaal leicht miteinander ins Gespräch. Auch die Mitarbeitenden des Bildarchivs waren gefragte Gesprächspartnerinnen. Der anwesende NZZ-Journalist Adi Kälin, der alles so richtig ins Rollen gebracht hat, hatte auch einige bekannte Gesichter in der Crowd erkannt: „Man entdeckt aber auch einige Journalistenkollegen, einen Mitarbeiter der Denkmalpflege, den ehemaligen Statthalter Hartmuth Attenhofer oder den früheren SP-Kantonsrat Ueli Keller.“ Sein Bericht über den Event finden Sie hier. Am Tag darauf hat die Tagesschau (Telegiornale) des Tessiner Fernsehens RSI auch noch über unser Projekt berichtet.

Verdankung

Verantwortlich für die Videoproduktion, Medienbegleitung und Mitarbeit bei der Lancierung dieses Blogs sind das Web und Digital Media-Team der ETH-Bibliothek, das sind Maximiliane Okonnek, Deborah Kyburz und Kathrin Reith sowie die Mulitmedia Services der Informatikdienste der ETH Zürich, das sind Nathalie Schmidig und Roland Lanz. Ihnen allen sowie dem ganzen Bildarchiv-Team möchte ich an dieser Stelle nochmals ausdrücklich für die engagierte Arbeit während des Jahres und insbesondere auch während des Crowdsourcing-Events danken!

Vollständige Bildinformationen

Kyburz, Deborah: Apéro der Crowd im Hauptgebäude der ETH Zürich, vor den Kulissen zum Polyball 2016, 15.11.2016 (KOM_000470, http://doi.org/10.3932/ethz-a-000986553)

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DOI Link: https://doi.org/10.35016/ethz-cs-1651-de

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